Zwei Powerfrauen berichten aus dem Trink- und Abwasserbereich - Susann Böttcher & Jasmin Jorkschat

Susann Böttcher ist Leiterin Trinkwasser bei der BRAWAG GmbH. Ihre Kollegin Jasmin Jorkschat verantwortet den Abwasserbereich. Mit beiden haben wir über die spannenden Aufgaben und Herausforderungen im Trink- und Abwasserbereich gesprochen. In beiden Bereichen dominieren noch die händischen Arbeiten, aber auch hier klopft KI schon lautstark an die Tür.

 

Frau Böttcher, Frau Jorkschat. Sie besetzen beide wichtige Positionen bei der BRAWAG GmbH. Wieso haben Sie sich für diese beruflichen Aufgaben entschieden, was macht diese für Sie besonders?

Susann Böttcher: Die Wasserversorgung ist ein spannendes Tätigkeitsfeld in der es viele herausfordernde Aufgaben gibt. Die Führungsrolle hat mir in meiner bisherigen Laufbahn schon immer viel Freude bereitet. Ich persönlich sehe den großen Handlungsspielraum, der mir zur Verfügung steht, sehr positiv. Karrieretechnisch war der Schritt, zur BRAWAG zu gehen, auf jeden Fall die richtige Entscheidung für mich.

Jasmin Jorkschat: Ich habe mich schon immer für Naturwissenschaften interessiert und da Umweltschutz ein wichtiges Thema ist, habe mich für ein Studium in diesem Bereich entschieden. Die Siedlungswasserwirtschaft hat mich dabei besonders begeistert, weshalb ich mich für eine Karriere beim Ver- und Entsorgungsunternehmen entschlossen habe. Der Job als Bereichsleiterin Abwasser hat mich fasziniert, da er strategische und operative Arbeit vereint. Der Arbeitstag ist ein Wechsel aus strategischen Aufgaben, täglichen Herausforderungen der Betriebsführung sowie Führungsaufgaben. Für mich macht diese Mischung den optimalen Job aus.

Wasser ist lebensnotwendig für unseren Körper und wird gern als das Lebenselixier beschrieben. Zudem wird es fast schon als selbstverständlich angesehen, dass Wasser einfach aus dem Wasserhahn kommt. Wird Wasser in unserer Gesellschaft genug Wertschätzung entgegengebracht?

Susann Böttcher: Wir produzieren 24/7 das wichtigste Lebensmittel der Welt. Den Kunden fällt häufig erst auf, wie sehr sie das Wasser vermissen, wenn es ihnen zeitweise nicht mehr zur Verfügung steht - beispielsweise bei Rohrbrüchen. Wir versuchen dann aber natürlich immer eine temporäre Ersatzversorgung zur Verfügung zu stellen. Wenn Sie dann mal das Wasser vom Wasserwagen auf der Straße in den 5. Stock per Eimer tragen mussten, sind die Kunden immer sehr dankbar, wenn die Versorgung durch uns wieder hergestellt wurde.

Da wo Trinkwasser verbraucht wird, muss es meist auch wieder entsorgt werden. Was sind die aktuell größten Herausforderungen in der Abwasserentsorgung?

Jasmin Jorkschat: Die Klimakrise ist in aller Munde und sie wirkt sich auch auf die Abwasserwirtschaft aus. Der Umweltstress gefährdet Gewässer, weshalb Grenzwerte von Einleitparametern für gereinigtes Abwasser in die Vorflut verschärft werden. Dies bedeutet für das Entsorgungsunternehmen erhöhte Anforderungen an die Abwasseraufbereitung, die uns in den nächsten Jahrzehnten zur Erweiterung der Klärtechnik und somit zu Investitionen in Millionenhöhe zwingen wird. Darüber hinaus sind wir gezwungen auf die immer häufiger auftretenden Starkregenereignisse zu reagieren. Früher war das gängige Mittel der Regenwasserentsorgung die Ableitung ins Gewässer. Dies hat verschiedene Nachteile, wie die fehlende Grundwasserneubildung im Stadtgebiet und überlastete Kanäle mit einhergehenden überstauten Straßen im Starkregenfall. Es findet zurzeit ein Umdenken hin zur nachhaltigen Niederschlagswasserbewirtschaftung mit Versickerung, Verdunstung, Rückhaltung, Dach- und Fassadenbegrünung statt – auch bekannt unter dem Stichwort „Schwammstadt“.

Welchen Einfluss hat Ihrer Meinung nach die zunehmende Digitalisierung auf Ihre Fachbereiche? Oder sind Wasser und Abwasser von der Digitalisierung ausgenommen?

Susann Böttcher: Wir nutzen seit Jahren ein digitales Betriebsmittelmanagementsystem, in dem viele analoge Prozesse bereits digitalisiert wurden. Unsere Monteure sind mit Tablets für ihre täglichen Arbeitsroutinen ausgestattet. Die Prozessdigitalisierung ist für uns ein kontinuierlicher Verbesserungsprozess.

Jasmin Jorkschat: Natürlich ist auch die Entsorgung von Abwasser von der Digitalisierung betroffen. Unsere Mitarbeitende sind, wie im Trinkwasser, mit Tablets ausgestattet, Betriebsaufgaben werden digital protokolliert. Man wird an anstehende Aufgaben erinnert und kann keine Fristen verpassen. Die Digitalisierung wird auch bei der BRAWAG immer weiter voran schreiten, um den Arbeitsalltag von Kolleg:innen zu erleichtern und Prozesse zu optimieren. Bei unseren Digitalisierungsprojekten arbeiten die Fachbereiche Trink- und Abwasser eng zusammen.

Kommen wir mal auf die Mitarbeitenden und den Nachwuchs zu sprechen. Sind die Jobs in der Trink- und Abwasserbranche überhaupt noch attraktiv für die nachrückenden Generationen? Gibt es Nachwuchsprobleme?

Susann Böttcher: In der Trink- und Abwasserbranche zu arbeiten ist bei der Jugend nicht gerade auf Platz 1 der Traumberufe-Liste. Das Nachwuchsproblem ist auch bei uns vorhanden. Wir versuchen aber dem entgegenzuwirken, indem wir uns als attraktiver Arbeitgeber, der in der Region verwurzelt ist, zu etablieren. Zudem versuchen wir das Thema Wasser praxisnah zu gestalten, indem wir „Tage des offenen Unternehmens“ für Schulklassen anbieten. Da machen wir Experimente mit den Schülern und führen sie über unsere Anlagen. Diese „Experimentiertage“ werden sehr gut angenommen.

Was sind die wichtigen Skills, die ein Mitarbeitender in Zukunft in ihrer Branche benötigt? Was tun sie dafür, um die Mitarbeitenden kontinuierlich weiterzuentwickeln?

Jasmin Jorkschat: Die meisten Kolleg:innen arbeiten bei uns (der BRAWAG) handwerklich. Dieser Arbeitsanteil wird auch nie verloren gehen und ist sehr wichtig. Die Anforderungen an das digitale Arbeiten steigen allerdings parallel immer weiter an. Ich mache mir diesbezgl. keine großen Sorgen, denn das stellt für die jungen Generationen eher keine Schwierigkeit dar. Kolleg:innen, die nicht so IT-affin sind, wird im Team geholfen. Bei der Einführung neuer Softwaresysteme möchten wir allerdings grundsätzlich besser werden, um das Potential der Systeme optimaler ausschöpfen zu können. Deswegen binden wir die Kolleginnen und Kollegen früher in Softwareprojekte (z.B. in Testphasen) ein und führen nach der Implementierung Frage- und Feedbackrunden durch.

Aktuell redet gefühlt die ganze Welt von KI (=Künstliche Intelligenz). Wie wird sich ihrer Meinung nach das Thema KI auf ihre Fachbereiche auswirken bzw. wo findet KI ggf. schon heute Anwendung?

Susann Böttcher: Wir stützen Prozesse in unserer Anlagentechnik durch „künstliche Intelligenz“. Dabei haben wir zum Glück ein sehr gutes Leitsystem, welches die Mitarbeitenden in ihrer täglichen Arbeit supportet. Es gibt aber nach wie vor sehr viele handwerkliche Tätigkeiten in unseren Arbeitsprozessen, die nicht durch KI ersetzt werden können.

Jasmin Jorkschat: Neben der von uns praktizierten automatisierten Anlagentechnik gibt es in der Branche zahlreiche Ideen, Forschung und Pilotprojekte für den Einsatz von KI. Hier ist z.B. das Starkregenmanagement zu nennen. Die Auswertung von Wettervorhersagen in Verbindung mit der Steuerung von Pumpwerken soll hier bessere Ergebnisse erzielen. Die BRAWAG interessiert sich im Moment aber besonders für die KI-basierte Zustandsbewertung von optischen Kanaluntersuchungen. Um den Zustand vom Kanalnetz einzuschätzen, werden heutzutage Videoaufnahmen gemacht. Diese werden durch eine geschulte Person in Hinblick auf Schadstellen untersucht und jede Schadstelle wird händisch mit einem Code versehen. Diese Arbeit soll z.B. zukünftig von einer KI durchgeführt werden.

Frau Böttcher, Frau Jorkschat, herzlichen Dank für Ihre Zeit.

Die Fragen stellte: Stefan Biesalski

Susann Böttcher
Leiterin Trinkwasser

 

Jasmin Jorkschat
Leiterin Abwasser

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